Gardesport zurück in den Lockdown?
So trifft die 4. Welle uns Tänzer*innen – und das können wir jetzt tun
Endlich wieder Tanzen
Es hätte alles so schön sein können. Als zu Beginn des Jahres immer mehr Impfstoffe gegen das Corona-Virus zugelassen wurden, wuchs bei mir als Gardetrainerin die Zuversicht: Nächstes Jahr, da können wir endlich wieder tanzen.
Also haben wir alles dafür gegeben, dass diese Hoffnung auch wahr wird. Haben uns durch Zoom– und Outdoor-Trainings gequält, uns gefeiert, dass die Hallen wieder geöffnet haben und mit voller Power Team- und Trainingstage veranstaltet. Mit dem Ziel: Bis Karneval unsere Tänze zu perfektionieren und endlich wieder auf der Bühne zu stehen.
Gardesport fest in der Hand von Corona
Doch jetzt, nur wenige Tage nach dem 11.11 folgt die Ernüchterung. Die Zahlen sind so hoch wie nie, zu viele Menschen sind noch nicht geimpft. Die ersten Vereine ziehen die Reißleine und sagen ihre geplanten Veranstaltungen ab. Karneval 2022 steht auf der Kippe.
Auch die Turniersaison ist damit wieder gefährdet. Der RKK hat sein geplantes Testturnier für das Wochenende vom 20. November abgesagt. Der BDK hat noch nichts verkündet – der größte Karnevalsverband Deutschlands hat für die zwei letzten Novemberwochenenden Turniere geplant.
Strenge Hygieneregeln sind für diese vorgesehen. Abgesteckte Laufwege, Maskenpflicht bis zum Platz und strenge Kontrollen am Einlass. Und doch die Frage: Reicht das?
Enttäuschung, Wut und Verzweiflung
Frustrierend ist: Den Großteil der Pandemie haben wir hinter uns, der Endspurt ist nah – war gefühlt doch schon fast geschafft. Das Training lief endlich wieder normal. Und jetzt soll alles wieder abgesagt werden? Jetzt sollen wir wieder herausgerissen werden aus dem Trainingsbetrieb, der sich doch gerade erst wieder so richtig eingependelt hat?
Die Folgen waren bereits beim letzten Mal spürbar: Deutliche Abwanderung von Tänzer*innen, Verlust der Beweglichkeit, die Motivation am Tiefpunkt. Ein weiterer Lockdown könnte für viele Garden das Ende bedeuten. Die Gefühle beim Gedanken daran: Verzweiflung, Wut und Enttäuschung.
Allein wenn ich mir persönlich vorstelle, nun wieder ins Zoom-Training zu müssen, schwindet meine Motivation. Einfach weil ich weiß, wie es beim letzten Mal abgelaufen ist. Von knapp 25 Tänzerinnen meiner Juniorengarde waren im Schnitt fünf online – der Rest konnte sich nicht aufraffen. Zu unpersönlich, die Freude fehlt – und die Gemeinschaft. Schlussendlich haben wir 8 Tänzerinnen komplett verloren.
Und jetzt? Fünf Lösungsansätze für den Gardesport
Es tut gut, sich den Frust einmal von der Seele zu schreiben, sich gegenseitig sein Leid zu klagen und seine Gefühle einfach mal rauszulassen.
Doch auf Frust muss Pragmatismus folgen. Daher möchte ich dir jetzt fünf Ideen geben, wie du und deine Garde mit der Situation umgehen können. Ideen, Inspiration und ein Funken Hoffnung. Denn diesen brauchen wir in dieser schweren Zeit.
1. Redet miteinander
Wir sind Menschen, wir haben Gefühle. Eine Absage wird bei deinen Schützlingen ziemlich viele dieser Gefühle aufwerfen – genauso wie bei dir auch. Also setzt euch zusammen – bestenfalls live, zur Not digital – und sprecht über das was euch bewegt.
Lasst die Gedanken und Gefühle raus. Weint zusammen, schreit zusammen, lacht zusammen. Das hilft – und heilt. Weil man merkt: Ich bin nicht allein in meinem Schmerz. Mein Team hilft mir dadurch. Das schweißt zusammen – und kann so dabei helfen, Abwanderung zu verhindern.
2. Visualisiert eure Ziele
Für die Saison 2021/22 haben wir alle uns viel vorgenommen. Neue Tänze auf die Bühne bringen, zur alten Beweglichkeit zurückfinden, wieder ein Team werden, Turniere besuchen und Auftritte tanzen.
Lasst diese Ziele nicht im Sande verlaufen. Jetzt ist erst recht der passende Moment, diese ganz bewusst in den Fokus zu rücken. Das geht zum Beispiel mit einem sogenannten Vision Board, auf welchem ihr eure Ziele bildlich darstellt.
Und das braucht ihr dafür:
- Ein großes Blatt Pappkarton in eurer Lieblingsfarbe
- Bilder, die euch motivieren (z.B. von einer Schwierigkeit, die ihr lernen wollt, vom letzten Auftritt…) – selbst ausgedruckt oder z.B. aus Zeitschriften gerissen
- Sprüche und Worte die euch motivieren
- Filzstifte in verschiedenen Farben
- Deko-Elemente z.B. Washi-Tape, Glitzerstifte…
- Schere, Kleber
Setzt euch nun gemeinsam – oder über Zoom – zusammen und erstellt euer Vision-Board. Ordnet die Bilder, Sprüche und Deko-Elemente so an, wie es euch gefällt. Schreibt gerne mit den Stiften etwas dazu, oder ergänzt eigene Zeichnungen. In der Mitte könnte „Meine Ziele“, „Meine Motivation“ oder „Das wünsche ich mir“ stehen.
Am Ende habt ihr ein wunderbares, motivierendes Plakat, welches ihr euch in euer Zimmer hängen und immer wieder ansehen könnt.
3. Nutzt die gewonnene Zeit
Es ist schwierig, aber nicht unmöglich: Seht die gewonnene Zeit als Geschenk. Als Geschenk, eure Tänze zu perfektionieren. Als Geschenk, endlich wieder zurück zur alten Beweglichkeit zu finden. Als Geschenk, die neuen Kostüme so richtig atemberaubend zu gestalten.
Ihr könnt die Zeit auch nutzen und einen weiteren Tanz einstudieren. Vielleicht macht ihr sonst nur einen Gardetanz – wie wäre es, mit einem Showtanz? Überlegt einmal gemeinsam in der Gruppe, wie ihr die gewonnene Zeit nun nutzen und gemeinsam gestalten wollt. Ich bin mir sicher, ihr findet gute Ideen.
4. Werdet zu Filmstars
Wenn schon kein Live-Auftritt, warum dann nicht ein Gardefilm? Schnappt euch eine Kamera und filmt euer Training, das Aufwärmen, die Kostümprobe, das Stellen von Positionen, wie ihr euch schminkt und so weiter.
Am Ende macht eine Aufnahme eures Tanzes – vollständig im Kostüm, mit Make-Up und Zöpfen. Das Gute: Ihr könnt mehrere Aufnahmen machen, aus mehreren Blickwinkeln. Vielleicht findet sich in den Reihen eures Vereins auch jemand, der filmerisch begabt ist und Lust hat, euch zu unterstützen.
Den fertigen Film erhält anschließend jeder als Andenken – und falls euer Verein über eine Online-Präsenz verfügt, kann er natürlich auch veröffentlicht werden. So habt ihr ein Ziel vor Augen.
Doch was, wenn ihr in den Lockdown müsst? Auch hier gibt es Mittel und Wege – schließlich hat jeder ein Handy zuhause. Nehmt euch einzeln zuhause auf, wie ihr übt und trainiert. Wie ihr euch für den Auftritt anzieht und schminkt. Und wie ihr zuhause tanzt. Auch das kann ein toller Zusammenschnitt werden.
Oder ihr filmt den finalen Tanz draußen an einem geeigneten Platz. Seid kreativ – dann findet sich eine Lösung.
5. Plant ein Sommerfest
Die Karnevalszeit und Corona vertragen sich nicht – zu kalt, zu ungemütlich. Warum also nicht einfach, den Karneval in den Sommer verlegen? Sprecht mit eurem Vorstand oder ergreift selbst die Initiative.
Für ein Sommerfest braucht es eine geeignete Outdoor-Location, zum Beispiel einen Markt- oder Dorfplatz. Auch eine Straße kann man für so eine Aktion sperren lassen. Außerdem benötigt ihr eine Bühne oder Tanzfläche – so was lässt sich mieten. Ebenso wie ein großes Zelt. Da könnt ihr aber auch mal bei eurer Feuerwehr oder anderen Vereinen fragen – manchmal findet sich alles ganz nah.
Dann noch ein paar Bierzeltgarnituren, eine ordentliche Musikanlage, ein Getränke- und Essensstand: Schon kann es losgehen.
Mit dem Eintritt sollte sich die Investition natürlich refinanzieren – vielleicht bleibt sogar noch etwas für neue Kostüme übrig. Aber das wichtigste: Ihr könnt endlich wieder tanzen! Und zwar nicht erst im nächsten Winter, sondern schon viel früher. Wenn das keine Motivation ist, dann weiß ich auch nicht.
Abwechslung fürs Onlinetraining
Zum Abschluss des Artikels möchte ich mit dir noch ein paar Ideen für das Onlinetraining teilen. Zwar hoffen wir alle, dass es nicht dazu kommt. Doch, falls es sich nicht vermeiden lässt, bist du schon einmal bestens vorbereitet:
- Veranstaltet Video-Challenges:
- Wandsitz halten und dazu fünf Fakten von sich erzählen
- Zeitraffer vom Dehnen
- Schwierigkeit zeigen (Spagat, Beinführung Rad)
- Kreative Aufgaben
- Traumkostüm zeichnen und das Bild zusenden
- Schrittkombination auf ein Musikstück ausdenken
- Showtanzthema ausarbeiten und schriftlich zusenden
- „Meine Tanzgeschichte“ aufschreiben – Wie bin ich zum Tanzen gekommen, was liebe ich daran
- Drei Fotos mit Gesichtsausdrücken schießen (z.B. Fröhlich, Traurig, wütend)
- Adventskalender: Jeden Tag wird ein Tänzer*in gezogen und darf ein Video des Lieblingsschrittes in die Gruppe senden
- Videoworkouts: Workouts gibt es bei YouTube zum Beispiel von madfit, Mady Morrison, emkfit, Pamela Reif oder auch auf meinem Kanal
- Holt externe Trainer*innen zum Training dazu, die eine Einheit für euch leiten
Fazit: Kommt ins Tun
Auf Verzweiflung folgt Aktion. Also vergrabt euch nicht in euren Emotionen, sondern nutzt diese als Energie um weiterzumachen. Auch wenn es ein erneut schwerer Schlag ist: Wir sind eine großartige Community und werden auch diese Niederlage überwinden.
Hast du Gedanken zum Thema? Dann teile sie gerne mit mir in den Kommentaren,
Deine Lisa von keep-dancing
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