“Mein Arm ist zu kurz…”
Probleme mit der Beinführung?
Der Standspagat als Endgegner
Zu den klassischen Schwierigkeiten im Gardetanz gehört neben Spagat und Beinwürfen auch die Beinführung – mancherorts auch Standspagat, Spafeuer oder „Bein quetschen“ genannt. Alle Namen bezeichnen die Bewegung, wenn ein Bein seitlich oder gerade vorm Körper in der Luft gehalten wird.
Viele Gardetänzer:innen stellt diese Figur vor eine große Herausforderung. Vor allem in jungen Jahren hört man als Trainerin häufig die Aussage: „Mein Arm ist zu kurz“.
Heute gehen wir genau dieser auf den Grund. Ist da was dran? Kann der Arm wirklich „zur kurz“ sein? Und welche Möglichkeiten gibt es, die Beinführung zu erreichen? All das liest du in diesem Beitrag.
Die Beinführung Im Gardetanz
Laut BDK gilt die Beinführung als Grundschwierigkeit im Gardetanz. Sie wird sowohl bei Solistinnen und Solisten als auch in der Garde gerne vertanzt – und das über alle Altersklassen hinweg.
Bei der seitlichen Beinführung wird der Fuß des Spielbeins mit der seitengleichen Hand gegriffen. Dann wird das Bein ausgestreckt und so weit es geht seitlich in die Luft geführt. Dabei ist der Greifarm ebenfalls gestreckt. Das Standbein ist leicht gebeugt und die Hüfte möglichst wenig ausgedreht.
Der Fuß kann dabei von innen oder von außen gegriffen werden. Hier gibt es keine Vorgabe – es sollte in der Gruppe nur einheitlich sein.
Rede ich von der Beinführung so meine ich diese seitlich gefasste Variante. Der Standspagat bezeichnet für mich die Version, wo das Bein vor dem Körper in die Luft gestreckt wird. Im Gegensatz zur Beinführung wird der Fuß hier mit beiden Händen festgehalten. Beide Arme sind somit über dem Kopf.
Wichtig: Für beide Ausführungen gilt eine gerade und aufrechte Körperhaltung. Die Schultern werden nach unten gezogen, der Blick geht nach vorne.
Darauf kommt es an bei der Beinführung
Schauen wir uns die Beinführung aus sportlicher Sicht an, so kommen hier verschiedene motorische Fähigkeiten zusammen. Die Beinführung bzw. der Standspagat sind keine einfachen Schwierigkeiten und erfordern in der Regel ein regelmäßiges Training.
Erste Grundvoraussetzung ist der Spagat am Boden. Wer diesen nicht beherrscht, wird sich mit der Beinführung ebenfalls schwer tun. Denn: Beim Spagat hat man zusätzlich den Vorteil, dass die Erdanziehung und der Boden bei der Spreizung der Beine helfen. Im Standspagat muss man diese aktiv durch Muskelkraft herbeiführen.
Schaue wir uns die motorischen Voraussetzungen einmal an.
Balance
Sowohl die seitliche Beinführung als auch der Standspagat werden stehend auf einem Bein ausgeführt. Dies erfordert ein gutes Gleichgewicht, um nicht seitlich wegzukippen. Wer also nicht selbstständig im freien Raum auf einem Bein stehen kann, wird sich auch mit der Beinführung schwer tun.
Versucht doch mal, gerade auf einem Bein zu stehen und euer anderen Bein in verschiedene Richtungen auszustrecken. Das klappt gut? Denn sollte die Balance kein Problem darstellen.
Falls ihr hier noch Schwierigkeiten habt, trainiert eure Sprunggelenke. Zum Beispiel indem ihr euch schulterbreit aufstellt und abwechselnd auf die Zehenspitzen hebt und senkt. Fortgeschritten: Einbeinig ausführen. Profi: Einbeinig auf einem weichen Untergrund wie einer Matte ausführen.
Flexibilität
Die Beinführung erfordert wie der Spagat eine gute Dehnbarkeit der Beinrückseite. Ihr merkt es selbst, wenn ihr euren Fuß in die Hand nehmen und versucht, das Bein auszustrecken. Klappt das? Könnt ihr es komplett durchstrecken. Oder ist hier vielleicht schon „der Arm zu kurz“? Spoiler: Es liegt nicht am Arm.
Wahrscheinlich fehlt euch die Dehnbarkeit der Beinrückseite – und/oder eine Beweglichkeit in der Hüfte (siehe nächster Punkt).
Um eure Flexibilität zu testen, stellt euch einmal gerade hin und schließt die Beine. Beugt euch nun nach unten – lasst dabei die Beine gestreckt, die Knie sind durchgedrückt. Könnt ihr den Boden mit den Händen erreichen? Falls ja, sollte eure Dehnbarkeit für die Beinführung genügen. Falls nein habt ihr hier einen Punkt, an dem ihr trainieren müsst.
Das geht zum Beispiel mit solchen Vorbeuge-Übungen im Stehen oder auch im Langsitz.
Übrigens: In meinem Online-Gardeprogramm Gardesports findet ihr viele angeleitete Videoworkouts, welche euch genau dabei helfen. Trainiert mit mir gemeinsam, einfach von zuhause aus. Und erreicht so euer sportliches Ziel.
Aktive Beweglichkeit
Flexibilität alleine reicht nicht – es kommt auch auf eine gute Beweglichkeit im Hüftgelenk an. Auch hier könnt ihr einen einfachen Test machen. Stellt euch gerade hin und dann zieht ein Knie vorne an – natürlich ohne Arme. Achtet beim anziehen darauf, nicht zur Seite wegzukippen. Euer Körper bleibt komplett gerade und aufrecht.
Wie hoch bekommt ihr euer Knie? Versucht es gern auch einmal seitlich. Für eine Beinführung solltet das Knie deutlich über dem Bauchnabel, besser schon auf Brusthöhe sein. Wie gesagt: Ohne es mit den Armen festzuhalten und ohne euch zur Seite zu lehnen.
Das ist eine sogenannte „aktive“ Beweglichkeit. D.h. ihr schafft eine großen Bewegungsradius indem ihr eure Muskeln (Kraft) nutzt. Um das zu trainieren helfen euch Squats und der Lunge.
Kraft
Der vielleicht wichtigste Punkt bei der Beinführung sind starke Muskeln. Wir wollen diese Figur sicher und aktiv stehen. Dazu brauchen eure Muskeln entsprechend Kraft. Denn Beweglichkeit wird vor allem von eurem Gehirn gesteuert. Nur wenn euer Kopf weiß „Ich bin sicher, ich habe genug Kraft um das zu halten“, dann wird die Beinführung für euch realistisch.
Für die Beinführung braucht ihr Kraft in den Beinen, im Hüftbeuger, in Bauch und Rücken sowie in den Armen. Einige ausgewählte Übungen dazu findet ihr weiter unten in diesem Artikel – und in meinem YouTube-Video.
Was ist jetzt mit zu kurzen Armen in der Beinführung?
Wenn du diesen Artikel aufmerksam gelesen und die Tests durchgeführt hast, kannst du dir diese Frage sicher selbst beantworten. Ich kann dir versichern: Dein Arm ist nicht zu kurz.
Wenn du das Gefühl hast, mit deiner Hand nicht an den Fuß zu kommen ist das ein Zeichen fehlender Dehnbarkeit und Beweglichkeit. Um diese Herausforderung zu lösen braucht es vor allem ein regelmäßiges Training. Schon mit 2-3 Einheiten pro Woche wirst du Fortschritte erzielen.
Eine seltene Ausnahme gibt es allerdings: Während er Pubertät kann es vorkommen, dass Gliedmaßen unterschiedlich schnell wachsen. Und so für einen kurzen Moment der Arm wirklich zu kurz ist. Das ist allerdings wirklich selten und zeitlich begrenzt.
Drei Übungen für die Beinführung
Zum Abschluss habe ich dir noch drei Killer-Übungen für die Beinführung versprochen. Diese sind Bestandteil in jedem meiner Beinführungstrainings.
Knie-Heber im Stehen
Stelle dich gerade hin. Hebe nun ein Knie so weit es geht vorne hoch und führe es wieder nach unten. Wiederhole das 10x. Führe es anschließend seitlich Richtung Schulter und wieder nach unten. Auch hier 10 Wiederholungen. Schwerer: Mit gestrecktem Bein ausführen.
Beinheber im Langsitz
Setze dich auf den Boden und strecke die Beine aus, die Arme kannst du locker vor der Brust halten. Mache den Rücken gerade und heben nun ein Bein gestreckt in die Luft. Führe das 10 Mal pro Seite aus. Bonus: Nach den zehn Mal Heben uns Senken halte das Bein für 10 Sekunden am höchsten Punkt in der Luft.
Beinkreise in Rückenlage
Lege dich auf den Rücken, ganz gerade – die Beine sind gestreckt. Führe nun ein soweit es geht in die Luft, tendenziell Richtung Kopf. Nur aus Kraft, die Arme bleiben am Boden. Führe es jetzt soweit wie möglich nach außen und wieder zurück in die Ausgangsposition. Wiederhole je Seite 10x und achte darauf, das der Rest der Körpers ganz gerade liegenbleibt. Nur das Hüftgelenk bewegt sich.
Mit kontinuierlichem Training zum Erfolg
Jetzt bist du bestens informiert und gerüstet, um die Beinführung zu lernen. Und falls mal wieder jemand sagt „mein Arm ist zu kurz“, freue ich mich sehr, wenn du meinen Artikel weiterleitest 😉 Und nun viel Erfolg beim Lernen der Beinführung.
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