Inspiration oder Ideenklau?

Der schmale Grat im Tanzsport

Inspiration oder Ideenklau? Der schmale Grat im Tanzsport

von Sabrina Pachl

Inspiration für eine neue Choreographie muss her

Jedes Jahr stehen wir Trainer:innen vor der Herausforderung einen neuen Tanz zu stellen: Choreographie, Hebungen, Kostüme, Thema, Positionen, Schritte. Alles das soll zu einem neuen, innovativen und stimmungsvollen Tanz zusammengefügt werden. Ach ja, und auf die Tänzer:innen abgestimmt sein muss es natürlich auch noch.

In manchen Jahren läuft es wie am Schnürchen. Das Thema hat sich über die Session schon fast von alleine verfestigt, die Musik dazu ist schnell gefunden und die Schritte lassen sich wie von selbst beim Hören der Musik stellen.

Manchmal ist es jedoch auch anders. Ideen fehlen. Ideen für alles fehlen. Ihr habt gefühlt schon jedes Motto vertanzt? Jedes Kostüm getragen und die Schritte sollen sich auch nicht wiederholen? Natürlich wollen wir uns immer weiterentwickeln und nicht auf dem Stand stehen bleiben. Etwas Inspiration muss her. Aber woher die Ideen nun holen?

In Zeiten des Internets denkt ihr euch: „Ist doch kein Problem. Googeln wir einfach mal. Bei YouTube wird schon etwas sein!“ Oder vielleicht fällt euch auch ein, dass die Tanzgruppe aus dem Nachbarort vor zwei Jahren doch einen tollen Tanz hatte? „Da ist doch vielleicht etwas passendes dabei!“, meint ihr? VORSICHT! Hinter jedem Tanz steht ein Urheber, der viel Zeit und Arbeit in dieses Werk gesteckt hat.

Rechtliche Grundlagen gelten für uns alle

Das Urheberrecht gilt auch für tänzerische Werke.

Das Urheberrecht gilt auch für tänzerische Werke.

Recht haben bedeutet nicht immer Recht bekommen. Dieses Sprichwort ist uns allen wohl schon einmal begegnet, wenn wir verschiedene juristische Entscheidungen nicht nachvollziehen können.

Das Gute ist: Dafür gibt es extra Menschen, die sich damit beschäftigen. Auch wenn die Realität so aussieht, dass leider nur selten Urheberrechtsprozesse in der Sparte der Tanzkünste zu Gunsten des Urhebers ausgehen, so sollten wir uns trotzdem über die rechtlichen Grundlagen im Klaren sein.

Im Urheberrechtsgesetz (kurz: UrhG) wird in §2 (1) Nr.3 ganz klar jedes Werk der Tanzkunst geschützt. Hier geht es grundsätzlich um alle persönlichen geistigen Schöpfungen. Das bedeutet in dem Moment, in dem ihr einen Tanz aus eigenen Ideen kreiert seid ihr Schöpfer des Tanzes und das Werk, also die Präsentation auf der Bühne, euer Eigentum.

Dieses Recht gilt aber natürlich nicht nur für euch, sondern auch für alle anderen Trainer:innen bzw. Choreograph:innen um euch herum. Jeder Tanz, den ihr auf Turnieren, Sitzungen und in YouTube-Videos seht, gehört einem Schöpfer: Demjenigen, der sich die Mühe gemacht hat, sich das alles auszudenken.

Inspiration für den Showtanz – was darf ich eigentlich?

Jetzt fragt ihr euch vielleicht, welche Themen denn dann noch insbesondere beim Showtanz vertanzt werden können. Piraten, Dschungel, Afrika oder Polizisten wurden gefühlt von jeder Gruppe in den vergangenen Jahren mindestens einmal vertanzt. Geht das alles nun nicht mehr?

Entwarnung! Doch natürlich geht das alles noch. Geschützt ist das Werk als Komplettes. Ihr dürft also nun nicht die Musikauswahl, die Kostüme, die Choreographie und die Geschichte dahinter detailgetreu kopieren. Inspiration dürft ihr euch natürlich rausziehen.

Euch gefällt das das Kostüm besonders gut? Vielleicht übernehmt ihr den Grundschnitt und macht es durch die eigene Farbwahl, den Einsatz von Details wie Pailletten oder Quasten zu eurem eigenen Werk.

3 UrhG schützt hier die Bearbeitung als euer eigenes neues Werk. Die „Bearbeitung eines Werkes, die persönliche geistige Schöpfungen des Bearbeiters sind [also eure abgeänderte Version] werden unbeschadet des Urheberrechts […] wie selbstständige Werke geschützt.“ (Zitat: §3 UrhG) Inspirationen sind also gefahrlos möglich.

Deine persönliche Choreographie-Handschrift

Ein schmaler Grat ist es immer, wenn es um Schrittkombinationen und Positionswechsel geht. Jede:r Trainer:in entwickelt mit der Zeit eine eigene Handschrift. Hier ist es immer sehr schwierig sich Ideen von anderen Tänzen abzuschauen.

Natürlich kann man versuchen einen spektakulären Positionswechsel auf seinen Tanz anzuwenden. Aber denkt immer daran: Es muss zu euch und eurem Team passen.

Gleichermaßen verhält es sich mit den Schritten. Hat man erst einmal mehrere Tänze gestellt, so wirst du merken, dass es immer wiederkehrende Elemente gibt, die du gerne in Schrittkombinationen einbaust. Versuche doch einfach deine Lieblingselemente mit neuen, auch in anderen Tänzen gesehen Elementen zu verbinden und kreiere dadurch ein neues Werk – dein ganz eigenes neues Werk.

Dich hat bei einem der vergangenen Tänze auf Meisterschaften eine Armkombination besonders beeindruckt? Vielleicht gelingt es dir, sie in zwei verschiedene Kombinationen zu unterteilen und neue Schritte zu kombinieren. Und wieder hast du dich inspirieren lassen und dein eigenes Werk geschaffen ohne Ideen zu stehlen. Hier, irgendwo tief im Grau des Urheberrechts, liegt die Grenze zwischen Inspiration und Ideenklau.

Wo finde ich Inspiration?

Nach dem wir uns nun inspirieren lassen wollen, stellt sich die Frage: Wo? Wie? Woher?

Hier gibt es eigentlich nur zwei Tipps. Sei stets offen für Neues UND notiere es. Du wirst während des Jahres sicherlich oft mit fremden Tänzen in Berührung kommen. Bei jedem Turnier, jeder Karnevalssitzung, jeder TV-Ausstrahlungen und jedem Gespräch mit Trainerkolleg:innen.

Notiere dir jedes Details, das dir besonders gut gefallen hat in deinem Handy. Du wirst sehen, es wird sich einiges sammeln. Wenn du nun bald Tänze für kommende Session stellen wirst, öffnest du einfach deine Notizen und du wirst erstaunt sein, welche Ideen du gesammelt hast.

YouTube als verlockende Quelle

Eine besonders gängige und beliebte Inspirationsquelle ist natürlich YouTube. Hier findest du nicht nur aktuelle Tänze, sondern auch ältere. Von Vorteil ist natürlich, dass du die Tänze immer wieder ansehen kannst.

Diese Möglichkeit lockt allerdings auch, sich Elemente immer wieder anzusehen und sie eins zu eins zu kopieren. Siehst du einen Tanz auf einer Sitzung oder einem Turnier nur ein einziges Mal, so musst du mit deinen Erinnerungen arbeiten. Hierbei ist eine direkte Kopie fast unmöglich.

Liegt dir ein Video vor, versuche dich selbst stets daran zu erinnern, dass du dich nur inspirieren lassen möchtest und keine Schritte oder gar Schrittkombinationen klauen möchtest.

Nachhaltig Inspiriert auf Tanzworkshops

Tanzworkshop von Dance-Fit

Eine besonders gehaltvolle Möglichkeit sich inspirieren zu lassen, sind wohl Tanzworkshops. Hier findest du eine Reihe von Angeboten sowohl im Garde- als auch im Showtanzbereich. Egal ob online oder in Präsenz, hier kannst du viel lernen und dir Tipps zu Positionen oder Schrittkombinationen ableiten.

Bald stehen beispielsweise die Digital Dance Days von Yvonne Brasche, die Tanztage in Harsewinkel oder der Trainerworkshop der GCG-Großenritte an. Auch Dance-Fit bietet (bald wieder) regelmäßig Workshopwochenenden an. Bei diesen Angeboten, geben erfahrene Trainer:innen und (Ex-) Tänzer:innen ihr Wissen weiter.

Viele weitere Tanzworkshops findest du hier auf meiner Events-Seite.

Habe stets Respekt vor dem Werk der Gleichgesinnten!

Nachdem nun alle rechtlichen Fragen aber auch mögliche Inspirationsquellen geklärt sind, dürfte deinem neuen Tanz nichts mehr im Wege stehen.

Denke immer daran, dass jede:r Trainer:in viel Mühe, Zeit und Arbeit investiert und wir uns gegenseitig nicht schaden wollen. Genieße es dich von spannenden Tänzen inspirieren zu lassen und versuche stets deine eigene Handschrift zu verfestigen oder zu zeigen.

Wie stehst du zu dem Thema? Lässt du dich auch gerne inspirieren oder gar nicht? Welche Inspirationsquellen nutzt du gerne?

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