Deutscher Meistertitel für die Jugendgarde des Tanzkorps BoKaGe e.V.

Interview mit den Meistertrainern

Und was hast du so im Alter von sieben Jahren gemacht? Die Mädels des Tanzkorps BoKaGe e.V. können diese Frage ganz genau beantworten. Denn mit ihren sieben bis elf Lebensjahren haben die Tänzerinnen in 2019 den Deutschen Meistertitel der Jugendgarden im RKK gewonnen.

Ein Grund für mich, genauer nachzufragen: Wie schafft man es als Trainerinnen, so kleine Kinder zum Meistertitel zu führen? Die Antworten bekommt ihr hier im Interview.

Glücksgefühle bei den Trainerinnen

Liebe Paola, Liebe Sabrina, erst einmal herzlichen Glückwunsch zu diesem tollen Erfolg! Was waren die ersten Gedanken von dir und deinen Co-Trainerinnen nach dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft?

Paola: Meine ersten Gedanken…ich hatte keine Gedanken. Wir waren einfach nur glücklich. Die Eltern haben geweint vor Freunde und meine Co-Trainer und ich waren überglücklich, dass wir unser Ziel erreicht haben.

Seit 1986 steht euer Verein nun wieder ganz oben auf dem Treppchen. Wie schafft man es, nach dieser langen Zeit das Leistungslevel wieder auf Meisterniveau hochzutreiben?

Paola: Wir haben fleißig trainiert in diesem Jahr, nur im Sommer hatten wir eine kurze Pause. Nach dem Wechsel vom BdK Verband zum RKK ging es direkt weiter, denn die ersten Turniere waren bereits gestartet.

Wir haben sehr viel Schwierigkeiten, sprich Beinführung, Räder in Variationen und Sprünge mit den Kindern trainiert. Das ist seit vier Jahren unsere Priorität.

Tanzkorps BoKaGe e.V.

Der Tanzkorps BoKaGe e.V. ist bereits seit den 70er Jahren auf den Turnierbühnen des BDK unterwegs und kann schon mehrere Erfolge für sich verbuchen, unter anderem 13 Deutsche Meistertitel. Im Jahr 2019 erfolgte dann der Wechsel zum RKK wo sich die Jugendgarde die Meistertitel ertanzte und die Junioren im Gardetanz Vize-Meister sowie im Schauplatz auf Platz 3 der Deutschen Meisterschaft landeten.

Im Verein gibt es neben der Jugend- auch eine Minigarde (ab 3 Jahre), die Juniorengarde (ab 11 Jahren) sowie die Aktivengarde (ab 15 Jahren). Außerdem trainieren noch zwei Solistinnen im Verein. Mehr zum Tanzkorps BoKaGe e.V. findet ihr auf der Vereinshomepage und bei Facebook.

Motivation durch Neugier und Stolz

Ihr trainiert zweimal die Woche mit eurer Jugendgarde, vor Turnieren noch häufiger. Wie läuft ein klassisches Training bei euch ab?

Paola: Wir beginnen jedes Training mit einem Spiel, welches die Kinder sich aussuchen dürfen. Oft sind das Ballspiele oder kreative Laufspiele. Anschließend treffen wir uns in einer Gesprächsrunde.

Oft beginnen wir dann mit der Dehnung oder machen etwas Krafttraining für Beine, Rücken, Bauch und Schultern.

Danach kontrollieren wir die einzelnen Schwierigkeiten:

  • Schwünge
  • Beinführung in Variationen
  • Räder
  • Spagat
  • Grätschsprung
  • Bodenelemente

Erst danach tanzen die Kinder ihren Gardetanz. Je nachdem wie gut das dann klappt, wiederholen wir hier. Die Kinder haben zwischendurch mehrere Trinkpausen.

Eure Jugendtänzerinnen sind zwischen sieben und elf Jahren alt. In diesem Alter hat man sicher anderes im Kopf, als Tanzwettbewerbe zu bestreiten. Wie schafft ihr es, die Motivation im Team hochzuhalten?

Paola: Unsere Kinder im dem Alter sind immer motiviert, probieren viel aus und sind sehr dankbar und stolz auf das, was sie schaffen. Daher haben wir zum Glück gar kein Problem damit, die Kinder bei Laune zu halten.

Lautstärke mit Routine begegnen

Schreien, Toben, laut sein – bei kleinen Kindern keine Seltenheit. Wie geht ihr im Training damit um, wenn es einmal wild und laut wird?

Sabrina: Grundsätzlich zeigen sich in der Altersklasse von drei bis zehn Jahren drei grundlegende Punkte, die wir berücksichtigen:

  1. Die Kinder benötigen Rituale bzw. standardisierte Abläufe
  2. Die Kinder müssen durchgängig beschäftigt sein
  3. Die Kinder dürfen sich nicht langweilen, heißt die Beschäftigung muss abwechslungsreich sein

Aus diesen Punkten ergibt sich bei uns ein routinierter Ablauf für das Training der „Kleinen“, welcher gezielt mit Trinkpausen gespickt ist, damit nicht alle fünf Minuten nachgefragt und Abläufe unterbrochen werden.

Wir starten mit einem Begrüßungskreis und wählen gemeinsam ein Aufwärmspiel aus, z.B. „Feuer, Wasser, Erde, Luft“, „Fischer, Fischer“ oder „Ketten- oder Brückenfangen“. Hier dürfen sich die Kinder ein erstes Mal austoben und auch in der Halle ankommen. Sie dürfen laut sein und so auch einen Teil der Energie loswerden

Gezieltes Training für Schwierigkeiten

Anschließend bauen wir gemeinsam mit den Kindern verschiedene Stationen auf, um einzelne Elemente und Übungen gezielt in kleineren Gruppen zu trainieren. Die Stationen können sein:

  • Mattenbahn, für Räder & Handstand
  • Trampolin oder Sprungbrett, als Vorübung zum Grätschsprung
  • Bänke, zum Balancieren und als Gleichgewichtsübung
  • Parcours für Garde- und Schautanzschritte

Bei der Zusammenstellung der Kleingruppen achten wir sehr drauf, diese immer wieder neu zu mischen, damit die Kinder sich alle kennenlernen und zu einer Gemeinschaft, einem Team zusammenwachsen. Nach rund 30 Minuten bauen wir Stationen dann wieder gemeinsam ab.

Jetzt sind die Kinder schon deutlich ruhiger und wir gehen in den Bereich der Kraft- und Dehnübungen. Anschließend dürfen die Kinder uns Trainern zeigen, welche Fortschritte sie bei Rädern, Spagat und Stehspagat gemacht haben. Hier sind alle immer sehr stolz und begeistert bei der Sache.

Danach geht es in die Aufstellung zum Üben der Tänze wie Schautanz oder Gardetanz.

Der Abschluss besteht aus einem Spiel wie zum Beispiel Stopptanz sowie dem Abschlusskreis, in dem wir auch Geburtstage feiern und immer gemeinsam ein Abschlusslied singen.

Taktgefühl vermitteln durch Erleben der Musik

Jugendtraining heißt auch Basics lernen: Wie vermittelt ihr neuen Tänzerinnen Taktgefühl, beispielsweise das im Takt marschieren oder hüpfen?

Sabrina: Hier ist Erleben bzw. Spüren die beste Methode: Wir setzen uns mit den Kindern in den Kreis und lassen ein den Kindern bekanntes Lied laufen, meistens deutsche Titel wie Helene Fischer, Mark Forster oder etwas aus den Charts. Dabei klatschen wir im Takt oder klopfen gemeinsam auf den Hallenboden. Das macht Spaß, baut manchmal auch überschüssige Energie ab und hilft den Kindern das Taktgefühl zu vermitteln.

Dehnen und Aufwärmen machen nur selten Spaß. Wie bringt ihr euren Mädels dennoch die Notwendigkeit des Dehnens bei?

Sabrina: Dehnen ist Bestandteil der Routine und damit gar nicht wegzudenken. Es gehört zum gelernten Ablauf dazu und wird daher auch gar nicht in Frage gestellt. Worauf wir sehr achten ist, dass jedes Kind seine Stärken und Schwächen selbst kennt und daran arbeitet.

Wir wissen, dass nicht jedes Kind dehnbar ist wie eine Puppe und sehen das bei den Kindern schon sehr früh. Daher teilen wir die Kinder bei den Dehnübungen auch bewusst schon in zwei Gruppen und trennen die superbeweglichen Kinder von denen, die mehr Übung brauchen. So stellen wir sicher, dass die Kinder nicht frustriert oder traurig sind, wenn sie es selbst nicht sofort können.

Aber die kontinuierliche Wiederholung jede Woche zeigt ihnen dann auch, wie sie immer besser werden. Und das merken die Kinder auch selbst und sind stolz. So lernen sie unterbewusst, wie wichtig Übung und Wiederholung ist und stellen es nicht in Frage.

Übungen für mehr Bühnenpräsenz

Kleine Kinder haben einen Vorteil: Es sieht einfach süß aus, wenn sie etwas machen. Doch „süß“ ist nicht gleich Ausstrahlung. Wie lehrt ihr euren Mädels die Bühnenpräsenz?

Sabrina: Wir unterschieden hier in den Übungen zwischen Ausstrahlung und Bühnenpräsenz.

Für die Bühnenpräsenz ist es wichtig, dass die Kinder sich wohlfühlen und sich bewusst sind, dass ihre Haltung und ihr Gang wichtige Bestandteile sind. Daher stellen wir gern die Kinder in einer langen Reihe auf und lassen sie mit unterschiedlichen Aufgaben durch die Hallen laufen, wie beispielsweise:

  • auf Zehenspitzen
  • Groß wie eine Giraffe
  • Stolz wie eine Prinzessin

Bei Ausstrahlung gehen wir noch mehr auf die Emotionen und Mimik ein. Hier verteilen wir die Kinder in der Halle und lassen sie verschiedene Emotionen zeigen:

  • Wie seht ihr aus, wenn ihr richtig traurig seid
  • Zeigt uns euer schönstes Lächeln
  • Wer kann so richtig böse schauen, dass die Trainer Angst bekommen
  • Wie seht ihr aus, wenn ihr euch so richtig freut.

Bei den Tänzen transferieren wir diese Emotionen – die Kinder sollen den Spaß und die Freude am Tanzen, die sie haben, zeigen. Wir wollen kein künstliches Lächeln, sondern die Freude der Kinder zeigen.

Feste feiern und die Gemeinschaft stärken

Zurück zum Meistertitel: Neben dem Titel der Jugendgarde konnten sich auch eure Junioren im Marsch- und Schautanz einen Treppchenplatz ertanzen. Wie feiert ihr solche Erfolge in eurem Verein und den Garden?

Sabrina: Zuerst einmal erleben wir die Erfolge gemeinsam. Zur Meisterschaft sind wir mit allen Kindern, Eltern und Freunden gemeinsam gefahren und haben uns gegenseitig unterstützt. So haben wir beispielsweise auch einen großen Kreis zusammen gebildet, als die letzten Wertungen vergeben wurden und gemeinsam gefiebert.

Nach der Meisterschaft haben wir eine gemeinsame Pokalfeier von Jugend und Junioren in der Halle gefeiert, mit diversen Highlights:

  • Foto-Shooting mit Pokal
  • Kindersekt aus dem Meisterpokal trinken und gemeinsam Süßigkeiten naschen
  • Gemeinsame Spiele
  • Spiel- und Spaß-Stationen mit Dingen, die sonst nicht so oft zum Einsatz kommen (Trampolin, Ringe, usw.)

Zusätzlich zur gemeinsamen Pokalfeier haben die einzelnen Gruppen ihre Erfolge gefeiert, mit

  • Kinobesuch der Jugendgarde
  • Gemeinsamens All-you-can-eat-Buffett Essen der Juniorengarde
  • Bowlen mit dem Junioren-Schautanz

Zusätzlich machen wir im Frühjahr eine Mannschaftsfahrt mit allen Tänzerinnen und Tänzern um die Gemeinschaft zu fördern und zu stärken.

Der Spaß steht an erster Stelle

Was sind eure Ziele für die Zukunft? Was wollt ihr mit euren Garden noch erreichen?

Sabrina: Eine gute Frage – denn jede Session bringt neue Herausforderungen mit sich:

  • Neue Kinder, die dazukommen oder auch wegfallen
  • Wechsel von Kindern in den Altersklassen
  • Neue Tänze, die einstudiert werden

Es ist im Grunde nie dasselbe Team, welches im Folgejahr tanzt. Daher liegt unser Fokus nicht auf der Frage, was unsere Garden noch erreichen wollen, sondern:

Wir möchten, dass unsere Kinder Spaß am Tanzen haben.

Natürlich wäre es toll, den Meistertitel zu verteidigen und sich mit den Junioren den Titel zu holen. Aber das Wichtigste ist, dass die Kinder beim Tanzen und auf der Bühne Spaß haben. Denn wenn sie Spaß haben, sind Ausstrahlung und Bühnenpräsenz da, dann ist die Leidenschaft beim Üben da – und dann kommt der Erfolg von ganz allein.

Vielen Dank für das tolle Interview!

Tanzkorps BoKaGe e.V.

Der Tanzkorps BoKaGe e.V. ist bereits seit den 70er Jahren auf den Turnierbühnen des BDK unterwegs und kann schon mehrere Erfolge für sich verbuchen, unter anderem 13 Deutsche Meistertitel. Im Jahr 2019 erfolgte dann der Wechsel zum RKK wo sich die Jugendgarde die Meistertitel ertanzte und die Junioren im Gardetanz Vize-Meister sowie im Schauplatz auf Platz 3 der Deutschen Meisterschaft landeten.

Im Verein gibt es neben der Jugend- auch eine Minigarde (ab 3 Jahre), die Juniorengarde (ab 11 Jahren) sowie die Aktivengarde (ab 15 Jahren). Außerdem trainieren noch zwei Solistinnen im Verein. Mehr zum Tanzkorps BoKaGe e.V. findet ihr auf der Vereinshomepage und bei Facebook..

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