Der Traum: Tanzmariechen werden

Der Traum: Tanzmariechen werden

One in a million – Das Einzelmariechen

Du stehst auf der Bühne und alle Augen sind auf dich gerichtet. Das Publikum  verfolgt jede deiner Bewegungen: Den Sprung in den Spagat, das freie Rad, die Endpose. Der Applaus gehört allein dir.

Die eine sein. Die eine Tänzerin die ganz alleine die Zuschauer in Atem hält. Diesen Wunsch haben viele Gardetänzerinnen.

Doch wie wird man eigentlich Tanzmariechen? Was sind die Voraussetzungen? Und was muss man auch bereit sein, dafür zu leisten?

All diese Fragen will ich dir heute beantworten.

Warum wollen so viele Gardemädchen Tanzmariechen werden?

Ist es der Faktor, dass man etwas Besonderes ist? Ist es der Ehrgeiz und das streben nach Leistung? Oder steht man einfach gerne im Mittelpunkt?

So leicht lässt sich die Frage gar nicht beantworten. Ich starte daher mal, mit meinen eigenen Erfahrungen.

Wie ich zum Mariechen wurde

Ich war bei uns im Karnevalsverein 15 Jahre lang Einzelmariechen. Den Wunsch und den Drang danach hatte ich jedoch als Kind nicht. Wie sagt man so schön: Ich bin entdeckt wurden.

Mit meinem fünften Lebensjahr habe ich begonnen, bei den Kindern zu tanzen. Und meine damalige Trainerin hat offensichtlich etwas in mir „gesehen“. Ich bzw. meine Eltern wurden gefragt, ob wir uns das vorstellen können.

Ehrlicherweise wusste ich gar nicht, was genau das bedeutet. Aber ich habe auch nicht nein gesagt – und bis zu meinem 23. Lebensjahr als Mariechen getanzt.

Mittlerweile trainiere ich auch ein Mariechen. Auch sie wurde von mir und ihren Trainerinnen „entdeckt“ – und hat sich nicht selbst aktiv gemeldet.

Social Media machts vor

Heutzutage sieht die Situation ein wenig anders aus. Immer mehr Mädchen haben selbst den großen Wunsch, Mariechen zu werden. Das spüre ich durch Anfragen in meinem eigenen Verein wie auch bei Anfragen auf meinem Instagram-Kanal.

Ich denke, dass kommt vor allem auch durch die höhere Sichtbarkeit, welche Mariechen heutzutage haben. Waren sie früher ausschließlich an Karneval und auf der Turnierbühne zu sehen, bekommen sie heute auch in Social Media eine hohe Präsenz und Aufmerksamkeit.

Viele Mariechen führen einen eigenen Account oder es gibt Solistenaccounts der Vereine. Das schafft Vorbilder – und Inspiration.

Doch während auf der Bühne und in Social Media alles immer leicht und schön anzusehen ist, steckt hinter so einem Tanzmariechen vor allem eins: Viel Zeit und Training.

Was bedeutet es wirklich, ein Einzelmariechen zu sein?

Tanzmariechen Lorena Ruthardt der Knoblauchsländer Karnevals-Gesellschaft Um als Solistin auf der Bühne zu glänzen braucht es – wie in allen karnevalistischen Disziplinen – Training. Und das neben dem normalen Trainingspensum für die Garde.

Ein Solistentanz ist durch die zusätzliche Akrobatik deutlich anspruchsvoller, als ein Gardetanz. Man braucht mehr Beweglichkeit, mehr Kraft und mehr Kondition. Schließlich muss man auch als Einzelmariechen die komplette Bühne ausnutzen – und ist dabei quasi nonstop in Bewegung.

Auch die Anforderungen an die Ausstrahlung ist nochmal eine andere. Während in der Garde ein Lächeln reicht, brauchen Mariechen diesen gewissen Pepp – diesen Funken und das Glitzern in den Augen, welches das Publikum mitzieht.

Zusätzlich ist die mentale Stärke nicht zu vernachlässigen. Das fängt an bei akrobatischen Elementen, die häufig zu Blockaden führen. Und endet beim Mut, ganz alleine auf einer Bühne zu stehen – ohne ein Team im Rücken, was dich unterstützt.

Und man muss bereit sein, mehr zu leisten. Nur so kann man sich die Sonderstellung auch langfristig verdienen.

Was braucht es, um ein Tanzmariechen zu werden?

Kommen wir zu der Frage aller Fragen: Was muss ich tun, um Mariechen zu werden? Ich habe dazu einmal eine Umfrage in meiner Community gemacht, um verschiedene Sichtweisen einfließen zu lassen.

Die wichtigsten Voraussetzungen möchte ich dir jetzt vorstellen.

Ausstrahlung

Mein Auftritt 2017 mit der Playback Gruppe Wie eben bereits gesagt, spielt die Ausstrahlung eine besondere Rolle. In den Augen vieler Trainer:innen ist sie sogar der wichtigste Faktor, wenn es um die Wahl einer Tänzerin zur Solistin geht.

Warum? Im Gegensatz zu Schritten, Beweglichkeit und Akrobatik ist Ausstrahlung etwas, was man nicht direkt erlernen kann. Es ist ein Vibe, ein Gefühl – etwas, dass einfach rüberkommt. Oder eben nicht.

Ausstrahlung ist das, wenn Mädchen in der Gruppe herausstechen. Wenn sie beim Tanzen die Blicke auf sich ziehen. Es ist das Fünkchen mehr, was man auf der Bühne und im Training gibt.

Disziplin und Ehrgeiz

Wer Mariechen werden will muss bereit sein, mehr zu trainieren als alle anderen. Das heißt auch Zuhause an Tanz, Beweglichkeit und Kraft zu arbeiten. Das heißt, mehr Trainingseinheiten pro Woche. Und der unbändige Wille, neue Dinge zu lernen und sich zu verbessern.

Als Tanzmariechen muss man bereit sein, in jedem Training an die Schmerzgrenze zu gehen – und nochmal zu tanzen, auch wenn die Beine schon schwer sind.

Und: Alles ohne jammern und meckern.

Organisationsstärke

Zweimal Gardetraining die Woche, einmal Mariechentraining dazu noch Hausaufgaben und Klausuren: Wer ein Tanzmariechen sein will muss – im wahrsten Sinne des Wortes – sein Leben im Griff haben.

Absagen wegen Lernen? Nein. Trainingsausfall wegen dem Geburtstag der Oma? Nope.

Wer das Privileg hat, als Solistin auf der Bühne zu stehen, muss auch bereit sein, sein Leben rund um das Training zu organisieren.

Bereitschaft der Eltern

Das führt uns direkt zum nächsten Punkt – auch die Eltern müssen mitspielen. Daher sollten diese bei der Auswahl eines neuen Tanzmariechens möglichst frühzeitig mit ins Boot geholt werden.

Die Eltern müssen verstehen, wie viel zusätzlichen Aufwand das Mariechen-Sein mit sich bringt. Ggf. kommen auf Eltern auch zusätzliche Kosten (zum Beispiel für Uniformen) oder Zeitaufwände (für Fahrten) zu. Termine die sie vereinbaren, zum Beispiel bei Ärzten, sollten nicht während der Trainingszeiten liegen.

Das alles sollte ihnen so früh wie möglich bewusst gemacht werden.

Die Rahmenbedingungen im Verein

Das alles sind Voraussetzungen, die bei der Tänzerin selbst liegen. Doch auch im Verein müssen einige Dinge gegeben sein:

  • Trainingsraum und -zeit: Es muss eine Zeit und ein Raum für das Training eines Mariechens zur Verfügung stehen
  • Trainer:in: Zudem braucht man natürlich eine Trainer:in, die über das notwendige Know-How verfügt – oder bereit ist, sich dieses anzueignen
  • Platz im Programm: Jeder Verein kann nur eine bestimmte Anzahl Programmpunkte auf der Bühne zeigen. Vor allem, wenn die Mariechen auch im Garde- und Showtanz tanzen, kann das ab einer gewissen Anzahl schon kompliziert werden

Alle Voraussetzungen erfüllt – Und jetzt?

Du hast dir die Punkte durchgelesen und siehst dich in allem wieder? Dann ist es Zeit, den Traum aktiv in Angriff zu nehmen.

Je nach Verein gibt es hier verschiedene Möglichkeiten, wie man zum Mariechen werden kann.

Auswahl durch die Trainer/den Verein

Häufig werden neue Solisten durch die Trainer:innen bzw. den Verein ausgewählt. Dabei achten diese natürlich auf die oben genannten Punkte.

Damit die schon mal „auf dem Schirm“ bist, solltest du deinen Wunsch bei deiner Gardetrainerin platzieren. So ist dein Name zumindest schon einmal präsent.

Um deine Chance zu erhöhen, ausgewählt zu werden, solltest du dich im Training immer von deiner besten Seite zeigen: Aktiv mitmachen, die Schritte nachlernen, an Beweglichkeit arbeiten, selten fehlen.

So kannst du dir am Ende nicht vorwerfen, nicht dein Bestes gegeben zu haben. Ob du tatsächlich ausgewählt wirst, liegt dann nicht mehr in deiner Hand.

Vortanzen & Probetraining

Manche Vereine richten auch ein Vortanzen oder Probetraining aus. Da können dann alle Interessierten teilnehmen und schon mal etwas Mariechenluft schnuppern.

Hier ist der direkte Vergleich natürlich gegeben und vielleicht fühlt es sich im ersten Moment komisch an, gegen deine Mittänzerinnen zu konkurrieren.

Aber das muss man sportlich sehen. Gib dein Bestes aber freu dich auch, wenn andere gut Tanzen und erfolgreich sind. Auch dieser Sportsgeist ist wichtig, für ein Mariechen.

Und wenn der Traum zerplatzt?

Du hast alles gegeben – und wirst trotzdem kein Mariechen. Das ist natürlich frustrierend und es ist auch völlig ok, dass du darüber traurig bist.

Doch lass dir gesagt sein: Mariechen sein ist nicht alles. Schau einmal zurück, warum du überhaupt mit dem Tanzen angefangen hast. Weil du es liebst, auf der Bühne zu stehen? Weil du Zeit mit deinen Freundinnen verbringen magst? Weil du es toll findest, dich zur Musik zu bewegen?

Das alles kannst du auch wunderbar in der Garde. Und auch hier kannst du mit deiner Freude, mit deiner Leidenschaft und Liebe zum Tanz herausstechen und die Blicke auf dich ziehen. Dazu braucht es keine Sonderstellung – dazu braucht es nicht mal eine Position in der ersten Reihe.

Genieße die Zeit auf der Bühne solange du kannst

Lass dir von mir mit fast 30 Jahren Bühnenerfahrung gesagt sein: Egal ob alleine oder in der Gruppe, egal ob in der vordersten Reihe oder ganz hinten – Tanz für dich! Für dich ganz allein. Gib dein Bestes und genieße jede Sekunde.

Die Zeit, die wir in dieser wunderbaren Sportart haben, ist so begrenzt. Verschwende sie nicht damit, zerplatzen Träumen nachzutrauern. Sondern nutze sie, um Momente und Erinnerungen für die Ewigkeit zu sammeln.

Keep Dancing 🩷

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