Gardetanz in zwei Welten

Vom BDK zum RKK

In diesem Gastbeitrag erzählt euch Manuela von den Unterschieden und Gemeinsamkeiten der Karnevalsverbände BDK und RKK. Dieser Artikel ist eine Fortsetzung von “Von Null auf Turniergarde“. Falls ihr den Beitrag noch nicht gelesen habt, schaut am besten dort zuerst rein.

Verbandswechsel nach 40 Jahren im BDK

Manuela Hennicken und ihre Co-Trainerin

Manuela Hennicken und ihre Co-Trainerin

Im Jahr 2020, nach über 40 Jahren BDK-Zugehörigkeit, führte mich mein Tanzweg in eine neue Richtung… ich habe den Verband gewechselt.

Zuerst änderte sich meine berufliche Tätigkeit, neue Arbeitszeiten machten es mir unmöglich pünktlich bei meinen kleinen Turniertänzern zu sein. Also trainierte ich „nur noch“ reine Karnevalsvereine. Das machte mir einen Riesenspaß, kleine Gruppengröße, die Mädels waren hochmotiviert & fleissig – einfach nur toll.

Doch dann kam Corona… und die beiden Garden haben leider nicht überlebt. Die Vereine zum Glück schon, aber die eh schon kleinen Garden wurden altersübergreifend in Showtänze zusammengeschlossen – nicht meine Komfortzone.

Hättest du nicht Lust…?

Nachdem ich immer mal wieder eine Anfrage von Vereinen aus mir „fremden“ Verbänden bekommen habe, kam dann von mehreren Personen aus verschiedenen Ecken dieselbe Anfrage: „Hier ist eine tolle RKK-Truppe, Altersklasse Senioren – Hättest Du nicht Lust ?“

So stellte sich mir die Frage, ob ich das denn in meinem fortgeschrittenen Alter noch tun wollte… sollte ich nicht langsam mal in Tanzrente? Meine Tanzkarriere startete schließlich schon 1977. Soll ich mir das wirklich nochmal „antun“ und in einem (für mich) neuen Verband arbeiten?

Aber mein Mann gab mir den Anstoß, doch einfach mal zum Probetraining zu gehen, da ich das Turniergeschehen ja durchaus vermissen würde. Also: Auf zum Tänzerinnen kennenlernen.

Und was soll ich sagen: Ich war von Anfang an fasziniert. Was für ein toller Haufen… Und da bin ich nun.

Neuanfang bei der RKK

Ich hatte es (durch Corona) tatsächlich ziemlich einfach, den neuen Verband kennenzulernen. Die Grundchoreo bestand bereits, ich sollte erstmal nur austrainieren. Eventuell Kleinigkeiten und den Schwierigkeitsgrad anpassen, da sich die Tänzerinnen auch hier verändert und die Tanzgruppenstärke sich verringert hatte.

Auf den ersten Blick sah ich überhaupt keinen Unterschied zu der Choreografie eines BDK-Tanzes … Gibt es überhaupt welche?

Also habe ich mir erstmal das Regelwerk zu Gemüte geführt. Das kann man sich ganz einfach von der RKK-Seite im Netz herunterladen, wie man das beim BDK auch kann (DVG & IIG kann man sich natürlich auch online ansehen).

Hmmm… Interessant…

Gardetanz ist nicht gleich Gardetanz: Die größten kleinen Unterschiede

Der für mich allerallerallergrößte Unterschied: Das Verhalten des Publikums während der Darbietungen!

Während es im BDK totenstill ist (bzw. sein sollte) wird bei der RKK gejubelt, geschrien, geklatscht und angefeuert was das Zeug hält. Wenn man das nicht kennt, wenn man so wie ich Jahrzehnte BDK gemacht hat, dann ist das doch sehr sehr sehr merkwürdig. Aber irgendwie auch ziemlich cool.

Die Turniersaison bei der RKK geht vom Sommer bis in den Spätherbst, da die meisten RKK-Vereine noch „richtige“ Karnevals-bzw. Faschingsvereine sind, die ab dem 11.11. an den Wochenenden vollgepackt mit Karnevalsauftritten sind. Und glaubt mir: Sommerturniere können ganz schön schweisstreibend sein.

Qualifikationsmodus in der RKK

Die Deutsche Meisterschaft findet meist am ersten Dezemberwochenende statt. Ein Halbfinale gibt es nicht, dafür gibt es Landesmeisterschaften. Bisher fünf, die für das jeweilige Bundesland stehen, in dem Turniere stattfinden (NRW, Saarland, Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Würtemberg). Es gibt auch neuerdings ein Quali-Turnier in Thüringen, aber dort noch keine Landesmeisterschaft.

Auch das Qualifizieren unterscheidet sich. Bei den Qualifikationsturnieren geht es darum, bestimmte Punktevorgaben zu erreichen. Im laufenden Kalenderjahr bei mindestens zwei Qualifikationsturnieren ist eine Mindestwertung von 38,0 Punkten (22,8 Punkten bei 5 Juroren) bei den Kindern/Jugend, 40,0 Punkte (24,0 Punkte bei 5 Juroren), bei den Junioren und bei den Senioren mindestens 43,0 Punkte (25,8 Punkte bei 5 Juroren) zu ertanzen. Schafft man das, darf man zur Landesmeisterschaft.

Dabei darf man auf jeder Landesmeisterschaft starten, nicht wie im BDK nur bei der Nord- oder Süddeutschen. Bei den Landesmeisterschaft qualifizieren sich die ersten 4 Plätze für die Deutsche Meisterschaft. Sind bei der 2. Landesmeisterschaft beispielsweise Platz 2, 3 und 5 bereits qualifiziert, qualifizieren sich die Plätze 1, 4, 6 und 7. Es wird also immer weiter aufgefüllt, so dass bei der Deutschen Meisterschaft in allen Kategorien 20 Starter möglich sind.

WENN die o.g. Punkte erreicht werden. Läuft an dem Tag etwas besonders schief und die Tänzer auf eigentlich qualifizierten Plätzen erreichen diese Punktzahl nicht, dann gibt es auch keine Qualifikation.

Das gleiche gilt – rein theoretisch – auch für die Deutsche Meisterschaft. Sollten alle Darbietungen schlechter sein, als die Mindestpunktzahl, dann gibt es dem Jahr für diese Kategorie keinen Deutschen Meister. Aber ich habe noch nicht davon gehört, dass das jemals passiert ist.

Altersklassen und Geschlechterverteilung im Überblick

Dann sind die Altersklassen leicht anders: Die Altersklasse Kinder bzw. Jugend geht bis 10 Jahre im BDK und bis 11 Jahre in der RKK. Die Junioren sind bis 15 Jahre alt im BDK, bei der RKK bis 16 Jahre. Und die Altersklasse darüber heißt im BDK Ü15, in der RKK Senioren.

Bei der RKK sind die Garden in jeder Altersklasse in weibliche und gemischte Garden unterteilt. Bei den gemischten Garden gibt es keine 1/3 – 2/3 Vorgabe, wie im BDK . Sobald auch nur ein männlicher Tänzer dabei ist, ist es eine gemischte Garde.

Dann gibt es noch die Herrengarde – bei der darf dann auch 1 Mariechen dabei sein und ist für mich das, was die traditionellen rheinischen Garden zeigen. Also Männer mit Säbeln und ggf. noch ein Tanzpaar in der Gruppe. Da diese Garden im Turnierbereich so selten sind, kann ich nicht sagen, ob es da große Unterschiede zwischen den Verbänden gibt.

Und: Bei der RKK dürfen seit 2018 auch Majore um die Meisterschaft tanzen. Und die tanzen verdammt gut! Schade, dass der BDK sich da noch nicht richtig aufraffen kann.

Zwei Schautanz-Disziplinen in der RKK

Bei der RKK ist der Showtanz unterteilt in Schautanz und Schaudarbietung. Die Regelung Schautanz RKK ist dem des BDK ähnlich, nur dass auch hier in weiblich und gemischt unterschieden wird.

Bei der Schaudarbietung darf man – für mich gefühlt – alles das machen, was im BDK verboten ist: Requisiten aufnehmen, ablegen und wieder aufnehmen, Würfe und „Überraschungen“, also zum Beispiel Leute, die für 30 Sekunden hinter den Kulissen auftauchen und sonst nicht tanzen oder Menschen, die als „Dekoration“ am Rand das Publikum animieren.

Pflichtelemente und verbotene Elemente

Bei den Garden ist noch zu beachten, dass die Tänzer bei der Aufstellung die Jury anschauen müssen. Das heißt, Aufstellungen mit dem Rücken zum Publikum fallen aus. Außerdem gibt es noch vorgeschrieben Pflichtelemente und aufgelistete Schwierigkeiten, die in jedem Tanz und je nach Altersklasse vorhanden sein MÜSSEN.

Bei den Kindern sind diverse Elemente verboten. So will man bei den Kleinsten noch keine freien Elemente sehen, oder bei den Paaren keine Über-Kopf-Hebungen.

Das gefällt mir persönlich eigentlich sehr gut, da es – meiner Meinung nach – doch den Kleinen die Möglichkeit gibt, den Wuchsapparat nicht so früh zu sehr zu belasten. Und leider habe ich schon zu viele Minis gesehen, die krampfhaft ganz früh irgendwas frei springen wollten/mussten und die Elemente dann ganz furchtbar ausgeführt haben (natürlich gibt’s auch die Talente, die gut ausgebildet sind und das können, aber viele können es eben nicht richtig).

Und hier und da tauchen oft noch kleinere Unterschiede auf, die man eben erst auf den zweiten Blick sieht.

BDK oder RKK: Welcher Verband ist “besser”?

Entgegen der bösen Zungen, die behaupten, nur der BDK hat schwierige Tänze, sehe ich das ganze doch etwas differenzierter ;) Zuerst einmal die Frage: Was heißt überhaupt „schwieriger“?

BDK-Tänze sind sportlicher, akrobatiklastiger (überspitzt gesagt: man sollte neben dem Tanzen am besten auch Turnen können). Bei der RKK ist der Akrobatik-Anteil auf max. 30% reglementiert, während es beim BDK nur heißt, dass es ausgewogen und vertanzt werden muss.

Entgegengesetzt sind bei der RKK die „künstlerischen“ Ausführungen und Ausstrahlungen mehr gefordert. Wer mit dem Publikum spielen kann, es richtig animieren kann, der bekommt bei der Ausstrahlung eben mehr Punkte (wobei es meiner Meinung nach bei der bzw. dem einen oder anderen doch etwas drüber ist und mir einfach nicht gefällt… aber viele können das richtig gut). Gerade die Jungs sind da der Burner.

Für mich sind die RKK-Turniere „freundlicher“ und familiärer. Ich habe das Gefühl, dass der Konkurrenzkampf unter den Tänzer:innen nicht so verbissen ist. Natürlich ist da auch Rivalität – bei welchem Turniersport gibt’s da keine? Aber weniger feindselig. Noch sind die meisten Hallen etwas kleiner, aber das wandelt sich langsam.

Dafür empfinde ich den BDK als disziplinierter und weniger “emotional”. Also nicht emotionslos, aber etwas verkrampfter – irgendwie weiß ich gerade nicht, wie ich das genauer beschreiben soll.

Fazit: Gardetanz in zwei Welten

Welcher Stil einem besser gefällt, wie sportlich oder künstlerisch man das alles will, das muss jede:r für sich selbst entscheiden. Auch IIG und DVG haben ihre Freunde, wobei mir persönlich die Ausführung im 2/4-Takt da viel zu schnell ist. Nicht falsch verstehen: Ich habe da Hochachtung vor, das ist megaanstrengend dieses Tempo zu gehen… mir gefallen einfach BDK- und RKK-Tänze besser, so wie zum Beispiel die einen Standarttänze mehr mögen und andere Lateintänze.

Ganz egal in welchem Verband man tanzt, wenn man zur Deutschen Meisterschaft auf’s Treppchen will, muss man schon was können. Ohne Talent wird man nirgends Meister:in. Und egal bei welchem Verband man tanzt, eine Deutsche Meisterschaft zu tanzen ist toll, aufregend schön, eine Nerventortur, wo man sich fragt, wieso man das macht. Doch wenn der Tanz läuft und man den Applaus erntet, weiß man wieder, wieso.

Die beiden Verbände, die ich aktiv kenne, haben beide ihre Pros und Contras … so richtig perfekt sind sie für mich beide nicht, aber was ist im Leben schon richtig perfekt? Feiern kann man in beiden gut ;)

Liebe Grüße an euch alle und tanzt immer schön weiter durchs Leben!

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert