Gewaltfreie Kommunikation im Training
Im Garde- und Showtanztraining die richtigen Worte finden
Die Schwierigkeit der Kommunikation
Eigentlich ist es doch gar nicht so schwer: Tänzer*innen und Trainer*innen wollen grundsätzlich dasselbe – auf der Bühne stehen, tanzen, Spaß haben und sich verbessern. Dafür ist ein regelmäßiges und forderndes Training notwendig.
Das Training wird in den persönlichen Lebensalltag integriert. Ob Schüler*in, Student*in, in Ausbildung oder bereits im Beruf: Jede*r von uns bringt seine eigene mentale Belastung des Tages mit ins Training. War der Tag gut, ist die Stimmung positiv. War der Tag schlecht, kann es auch ganz anders aussehen.
Läuft im Training dann nicht alles rund und wie geplant, können schnell mal unbedachte und verletzende Worte fallen. Der Stress entlädt sich.
Doch das kann verhindert werden! Eine gute Möglichkeit ist die sogenannte gewaltfreie Kommunikation. Was das genau ist und wie sie dir dabei hilft, im Training besser zu kommunizieren, erfährst du in diesem Blogartikel.
Konflikte im Show- und Gardetanz
Im Training ist nicht immer alles rosarot. Der Alltagsstress von Schule, Familie und Arbeit wird häufig mitgebracht und nimmt Einfluss auf die Laune. Leistungs- und auch Zeitdruck – vor allem wenn Turniere und Auftritte näher rücken – tun ihr übriges. Und schnell kippt die Stimmung.
Die Folge: Der Umgangston wird ruppiger. Trainer*innen verallgemeinern ihre Aussagen: „Alle haben schlecht getanzt“ oder „das war richtig schlecht“. Tänzer*innen schieben die Schuld auf andere: „Aber Marie hat auch schlecht getanzt“ oder „Leonie hat mich abgelenkt“. Statt Bitten werden Forderungen ausgesprochen, welche nicht erläutert werden.
Eine sehr negative Trainingsumgebung entsteht und der Spaß bleibt auf der Strecke.
Was ist gewaltfreie Kommunikation
Gewaltfreie Kommunikation kann dabei helfen, auch in stressigen und anspruchsvollen Phasen eine vertrauensvolle und freundliche Kommunikation aufrecht zu erhalten.
Die Gewaltfreie Kommunikation ist ein Handlungskonzept von Dr. Marshall B. Rosenberg. Ihr Ziel ist es, einen vertrauensvollen und wertschätzenden Umgang miteinander zu fördern und so zu mehr Freude am Leben zu führen.
Dabei kann man sie sowohl in einer „normalen“ Kommunikation als auch bei einem Konflikt anwenden. Grundgedanke ist es, nicht andere zu einem Handeln zu bewegen, sondern gemeinsam und kooperativ Lösungen zu finden.
Empathie und Gefühle im Zentrum der Kommunikation
Eine Vorrausetzung für gute Kommunikation ist Empathie – also die Fähigkeit, sich in die eigene und die Gefühle der Mitmenschen hinein versetzen zu können. Sich also einmal die Brille des anderen aufzusetzen umso dessen Sichtweise besser zu begreifen.
Die Gewaltfreie Kommunikation hilft dabei, seine eigenen Gedanken und Gefühle ehrlich und klar auszudrücken. So schafft man es, Inhalte so an die Empfänger*in zu transportieren, dass diese sich verstanden fühlen.
Dabei werden die eigenen Bedürfnisse in den Fokus gestellt – und nicht mit dem Finger auf andere gezeigt.
Die vier Schritte der gewaltfreien Kommunikation
Das Konzept lässt sich in vier Schritte aufteilen, welche immer in dieser Reihenfolge angewandt werden.
1. Beobachtung
Im ersten Schritt werde ich mir der aktuellen Situation bewusst. Was nehme ich gerade im Moment wahr. Ist es zum Beispiel gerade sehr laut und unruhig im Training oder sehr still?
Wichtig: Die Wahrnehmung wird nicht bewertet oder interpretiert. Es geht neutral darum, diese objektiv und nicht verallgemeinernd aufzuzeigen. Es werden keine Vorwürfe gemacht. Selbst wenn du im aktuellen Moment wütend bist, gilt es, zu 100% sachlich zu bleiben.
2. Gefühl
Nachdem du Situation sachlich wahrgenommen hast, spüre in dich hinein, was sie für ein Gefühl in dir auslöst. Fühlst du dich nicht ernstgenommen? Macht dich der Moment traurig? Oder fühlst du dich irritiert?
Dabei geht es darum, deinen Mitmenschen einen Einblick in deine eigenen Gefühle zu geben. Das ermöglicht diesen, sich empathisch in dich hineinzuversetzen.
Dabei ist es wichtig, dass du Ich-Botschaften sendest. Schließlich kannst du nur von deinen persönlichen Gefühlen sprechen.
3. Bedürfnis
Als Drittes folgt dein Bedürfnis. Was benötigst du in der aktuellen Situation – was wünscht du dir im Moment. Was möchtest du erreichen?
Bezogen auf das Training kann dies z.B. das Fertigstellen des Tanzes oder das Beibringen eines neuen Schrittes oder einer Schwierigkeit sein. Dein Bedürfnis weist dir den Weg zur Konfliktlösung.
4. Bitte
Als letztes folgt der konkrete Handlungswunsch. Deine Bitte sollte konkret und direkt umsetzbar sein. Achte dabei darauf, diese positiv zu formulieren – zu sagen, was du willst (nicht, was du nicht willst). Also besser „ich bitte euch, ruhig zu sein“ anstatt „bitte hört auf zu reden“.
Beispiele von gewaltfreier Kommunikation im Garde- und Showtraining
Um das ganze etwas konkreter und greifbarer zu machen, zeige ich dir nun drei Beispiele, wie du die Gewaltfreie Kommunikation im Training bewusst einsetzen kannst.
Beispiel 1: Laute bzw. unruhige Gruppe beim erlernen neuer Schritte
Statt: „Ihr geht mir gerade echt auf die Nerven, seid doch mal leise“
Gewaltfrei: „Es ist gerade sehr unruhig (Beobachtung), dadurch fühle ich mich gestresst (Gefühl). Ich wünsche mir, dass wir fokussiert an den neuen Schritten weiterarbeiten können (Bedürfnis). Daher bitte ich euch, in den nächsten 15 Minuten ruhig zu sein und mir eure Aufmerksamkeit zu schenken (Bitte).
Beispiel 2: Tänzer*innen kommen vermehrt zu spät zum Training
Statt „Nächstes Mal aber pünktlich“ oder „Ihr seid schon wieder zu spät“
Gewaltfrei: „Mir ist aufgefallen, dass ihr heute und in den letzten zwei Trainings zehn Minuten zu spät gekommen seid (Beobachtung). Ich fühle mich dadurch im Training abgelenkt und nicht wertgeschätzt (Gefühl). Ich wünsche mir, dass wir alle gemeinsam pünktlich beginnen können und keiner etwas vom Trainingsinhalt verpasst (Bedürfnis). Ich bitte euch daher, beim nächsten Training pünktlich zu sein (Bitte).
Beispiel 3: Zwei Tänzerinnen sind im Training ständig am Tratschen
Statt: „Seid jetzt ruhig oder ich stelle euch auseinander“
Gewaltfrei: „Ich habe bemerkt, dass ihr euch viel zu erzählen habt (Beobachtung). Dadurch fühle ich mich in meinem Training gestört (Gefühl). Ich wünsche mir, die Choreografie heute konzentriert durchzugehen (Bedürfnis). Ich bitte euch daher, eure Gespräche auf nach dem Training zu verlegen (Bitte).
Mehr Wertschätzung durch gewaltfreie Kommunikation
Im ersten Moment wirkt die Gewaltfreie Kommunikation sicherlich etwas ungewohnt und hölzern. Wie jede neue Technik braucht auch diese etwas Übung.
Hab dabei keine Angst, Fehler zu machen! Schließlich ist noch keine Meister*in vom Himmel gefallen. Es zu versuchen ist der erste Schritt zu einem besseren Miteinander.
Vielleicht stellst du das Konzept einmal deiner Garde vor, so dass sich alle daranhalten können. Und schaffst so mehr Wertschätzung und Vertrauen untereinander.
Wirst du es ausprobieren? Schreibe es mir in die Kommentare.
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